Genos: Entertainer-Check & Anwendertipps Teil 2 mit Yannic Bihl

 Zum Autor:
Yannic Bihl, Alleinunterhalter seit seinem 10. Lebensjahr. An den Tasten zu Hause: Von Beginn an Hohner Akkordeons sowie Yamaha Keyboards: Von der PSR-Klasse, über Tyros-Generationen zu einem der ersten Genos-Spieler! Yannic vertritt die „junge Generation“ des Tanzmusikers und ist auf traditionelle Oberkrainer-Musik sowie modernen deutschen Schlager fokussiert. 

Weitere Informationen finden Sie unter: www.yannic-live.com

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(Hinweis: Video-Demonstrationen ganz unten auf dieser Seite)

Willkommen zurück zu Teil 2 unseres Genos Entertainer-Checks (Hier geht es zu Teil 1)

Nachdem wir in Teil 1 einen Überblick über Voices, Styles und Sound geschaffen haben, wagen wir uns nun an die technischen Neuerungen und Raffinessen des Genos.

Genos basiert auf einer technisch neuen Plattform und hat sich damit sowohl in der Software- als auch Hardwareoberfläche verändert. Grundlegende technische Daten können im Internet leicht recherchiert werden – uns interessieren die Auswirkungen auf den Musiker.

Zum Test und darüber hinaus gibt es eine Reihe von YouTube-Videos, die nach und nach erscheinen. Abonnieren Sie kostenlos den YouTube-Kanal SchlagerGen um keinen Song zu verpassen!

Bedienung • technische Möglichkeiten • Editierung • Individualisierung

Zunächst haben wir eine deutlich reduzierte Benutzeroberfläche – sämtliche Hardwareknöpfe zur Auswahl der Style- und Voice-Kategorien wurden in die Software implementiert und sind nun über den Touchscreen auswählbar. Womit wir auch bereits bei der ersten Neuerung sind: Der Touchscreen. Sicherlich ein umstrittener Punkt bei der Frage, was beim Live-Betrieb effizienter zu bedienen ist. Ich persönlich stand dem sehr kritisch gegenüber – Genos überzeugt allerdings auch hier. Es handelt sich nicht um die kapazitive Technik, dennoch ist der Screen aufgrund sehr guter, leichter Reaktion tadellos zu bedienen. 2-3 Gigs Gewöhnung und man fühlt sich zu Hause! Der wesentliche Vorteil, bspw. Im Gegensatz zu einem Kronos ist, dass sowohl Schriften als auch Icons ausreichend groß und damit eine zielsichere Bedienung auch mit größerem Augenabstand (stehend) gewährleistet ist. Die leichte Neigung des Displays entspricht in etwa der ersten Arretierungsstufe eines Tyros-Displays und ist damit sowohl im Stehen als auch Sitzen problemlos ablesbar. 

Was bei der Software übrigens sofort auffällt, ist der neue, schnelle Prozessor – verantwortlich für Reaktion und Ladezeiten.

Welche wesentlichen Merkmale sind bereits bekannt?

  • Bedienknöpfe der Style Control, OTS (One Touch Settings), Multi Pads und Voice Select
  • Registration Memory, nun allerdings mit 10 Plätzen pro Bank (bisher 8).
  • Der Mic Bereich ist bezüglich der Knöpfe reduziert, aber gerade noch ausreichend. Für Mikrofone ohne Schalter wäre ein physischer Button für Mute schön gewesen.
  • Der duale Songplayer ist ebenfalls reduziert, aber auch ausreichend (je nach Gewohnheiten). Reine Midifile-Nutzer vermissen teilweise die physischen Song Position Buttons – über den Touchscreen jedoch vorhanden.


Nun aber zu den Neuerungen:

Beginnen wir im Kleinen: Joystick anstatt Pitchbend + Modulationsrad separat – sehr komfortabel, kurze Eingewöhnungszeit, bessere Artikulationsmöglichkeiten sowie eine zusätzliche Steuerungsoption (Modulation nach unten). Es gibt auch zahlreiche Voices, die den Zusatz JS tragen – hier wurden besondere Joystick-Funktionen programmiert.

Sehr schön sind auch die 6+1 „Assignable Buttons“. Hier lassen sich eine große Auswahl von Funktionen individuell hinterlegen – damit kann man Knöpfe, die durch die allgemeine Reduktion verbannt wurden nachprogrammieren, ohne den Vorteil der aufgeräumten Benutzeroberfläche zu verlieren.  6+1, da sich 6 Buttons auf der rechten Seite (unterhalb der ebenfalls neuen Gateway-Knöpfe) befinden, sowie einen weiteren links. Dieser ist standardmäßig mit dem Organ Leslie belegt – lässt sich aber bei Bedarf ebenfalls anpassen.

Gleichermaßen gibt es im Homescreen 6 assignable Touch-Felder für die individuell wichtigsten Funktionen. 

Die größte Neuerung bei der Bedienung, stellt die Live-Control Section dar, die in Genos wie in bisher keiner Yamaha Workstation ausgereift ist!

Wir haben 9 Fader sowie 6 Knobs und ganz wichtig, ein separates Display. Dieses zeigt in mehreren Ebenen, verschiedene Funktionen von Mixerspuren, über Effekte, Zugriegel und diverse weitere Einstellungen mit Bezeichnung und aktuellem Wert an und aktualisiert sich bei Bedienung eines Faders/Knobs automatisch. Vorteil: Schnelle Echtzeit-Bedienung, ohne sich durch Menüs der Software kämpfen zu müssen. Diese Section revolutioniert das Live-Spiel immens – insbesondere auch im Zusammenhang mit Styles.

Auch hier spielt die Individualisierung wieder eine große Rolle – Sämtliche Funktionen können nach persönlichen Präferenzen programmiert werden – selbst die Beschriftung der Einstellungen im Display kann editiert werden!

Konkrete Anwendungsbeispiele der Live-Control Section

Beginnen wir mit den Voices: Durch Cutoff-Filter, Resonance-Effekt und Konsorten, lassen sich Voices sehr schnell und mit sofort hörbarem Ergebnis klanglich beeinflussen. Die Möglichkeiten dieser wenigen Einstellungen sind ebenso vielfältig wie genial:

  • Ein Flügel soll leicht gedämpft klingen (Deckel zu)
  • Das einchörige Akkordeon-Register soll cassotto-ähnlicher klingen
  • Ein Synth Pad soll klanglich „geöffnet/gedämpft“ werden 
  • Ein Orgel Sound soll (insbesondere beim Einsatz von kleineren Lautsprechern) in den Tiefen voluminöser sein…
  • Mit wenigen Handgriffen lässt sich ein CFX Piano Preset in den typischen Eugen Römer Sound (bekannt aus den älteren Andrea Berg Produktionen) verwandeln.
  • Das C7 Pad Piano hat über dem Piano Sound ein dezentes Pad, welches mittels des Cutoff „zum Leben erweckt“ werden kann.


Bei den Synth sind die Möglichkeiten ohnehin schier unbegrenzt. Hatte man früher für explizite Synth-Solos eine DanceHook-Voice (o.ä.) im Einsatz, benötigte man für Text- und Refrain-Passagen in der Regel etwas Dezenteres in Form einer anderen Voices-Kombination. Nun aber, dreht man den Cutoff nach links und schon lässt sich die brachiale Synth-Kombi auch während der ruhigeren Parts eines Songs verwenden. 

Wir könnten hier endlos Beispiele aufführen - Hat man den passenden/gewünschten Sound gefunden, lassen sich alle Parameter ganz bequem in einer Registration abspeichern!

Was für Voices funktioniert, kann Genos auch mit Styles! Und hier profitiert natürlich insbesondere alles aus dem Bereich Dance/EDM sowie auch modernem Schlager. Neben diversen Filtern gibt es auch einen Style Retrigger – und das nicht nur für die DJ Styles (sondern für alle)! 

Klingt ein Style zu überladen oder möchte man die Begleitband für bestimmte Passagen (z.B. Instrumental-Soli) ein wenig zurücknehmen, lassen sich die Style-Parts über einen Knob nach und nach zu- bzw. abschalten – genial! 

Diese Möglichkeiten sind für alle Live- und Style-Spieler eine echte Bereicherung und bringen den Genos ein Stück weit in Richtung Montage.

Mit dieser Live-Section und der gesamten Effekt-Palette bietet Genos einfache aber dennoch umfassende, in Richtung Workstation gehende Voice-Editiermöglichkeiten. Dennoch hat man in allen Kategorien Zugang zu ausgezeichneten Presets für alle Lebenslagen – ein wesentlicher Vorteil zu „echten“ Workstations, die häufig einen hohen Zeitaufwand erfordern, um einen gewünschten Sound zusammengebastelt zu bekommen! 

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Der Arpeggiator

Eine Ebene der Live-Section widmet sich dem neuen Arpeggiator. Ebenfalls ein geniales und immens wichtiges Feature für zeitgenössische(n) Pop/Dance- Musik und Schlager! Der Arpeggiator übernimmt Rollen, die niemals live gespielt werden könnten. Erneut ist Felix Gauder ein Paradebeispiel, wie man dieses musikalische Gestaltungsinstrument in deutscher Musik gekonnt einsetzen kann (Auswahl guter Hörbeispiele: Jetzt oder nie / Maite Kelly; Ich versprech Dir nichts und geb Dir alles / Wolkenfrei; Mein Herz schlägt Schlager / Vanessa Mai).

Der Genos Arpeggiator ist zwar nicht frei programmierbar – aber es stehen 216 Motive zur Verfügung, die von einer Vielzahl von Voices genutzt werden können (nicht auf den Synth-Bereich beschränkt!). Dazu gibt es spezielle Riffs für MegaVoice Gitarren, wodurch auch diese „spielbar“ werden. Selbst in Studio-Produktionen oder Band-Formationen würde man hier einen würdigen Ersatz für einen (temporär) fehlenden Gitarristen finden. 

Drum Editor & Style Creator

Eine weitere interessante Neuerung ist der Drum Editor. Im Style Creator inkludiert, können hier Samples klanglich editiert oder aber aus diversen Drum Kits zusammengestellt werden. 

Wer kennt es nicht: Ein Style gefällt, im Bereich der Drums passen Base, Hit Hat, Toms etc. sehr gut, die Snare würde man jedoch gerne tauschen. Dies wird nun ermöglicht. 

Ebenso möglich: Einen speziellen Drumsound nachzustellen (sehr prägnant und funky klingen bspw. die Snare(s) von Patrick Metzger (Drummer von Beatrice Egli)). Genos lässt hier alle Freiheiten – fast: Leider ist diese Funktion den Styles vorbehalten, man könnte sie auch für Midifiles gut gebrauchen. 

Die gesamte Style Editierung im Style Creator wurde insgesamt stark vereinfacht. Mit wenigen Klicks, lassen sich bspw. Spuren aus Varation A von Style X durch entsprechendes Material aus Variation B von Style Y ersetzen. Hierdurch entstehen immer wieder neue, individualisierte Styles – als wäre die Auswahl an Presets nicht schon erschlagend! 

Als Beispiel kann das SchlagerGen YouTube Video „Paris Paris Paris“ (KLUBBB3) herangezogen werden. Mit wenigen Handgriffen wurde der DiscoFox2016 hier in einen Shuffle-Beat umgewandelt. 

Multipads

Eine kurze Erwähnung verdienen auch die neuen Multipads. Grundsätzlich sind diese nun analog zu Voices und Styles in Kategorien geordnet, was der Übersichtlichkeit sehr entgegen kommt. 

Des Weiteren wurden bspw. neue Gitarren-Multipads so programmiert, dass immer mindestens ein Pad für Percussion vorgesehen ist – damit bilden die vier Pads simultan immer eine vollwertige Begleitung. 

Und auch die Kombination aus verschiedenen Taktarten ist nun möglich. Hat man bspw. einen 6/8-Style und ergänzt diesen durch ein 4/4-Mulitpad entsteht wieder ein völlig neues Hörerlebnis. 

Fazit (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

Genos bietet eine riesige Menge an Musikalität sowie unzählige Features, die einerseits genutzt werden wollen, aber jedem Musiker, der sich darauf einlässt, enormes Potenzial und lange Zeit sehr viel Freude am Musizieren garantieren. 

Die Lücke zwischen Arranger und Workstation wird ein Stück weit geschlossen – Genos vereint Vorteile beider Welten und bietet damit eine enorm vielseitige Plattform für alte und neue Zielgruppen – egal ob Live-Musiker, Hobby-Musiker, Producer, Singer-Songwriter… 

Genos ist dafür prädestiniert, neue Klangwelten zu schafffen. Hierfür sind diverse Möglichkeiten vorhanden, die es bisher in einem Arranger (bzw. Tyros) nicht gab.

Wichtig: Wer Genos lediglich mit alten Daten (Registrationen, Midifiles etc.) aus Tyros-Generationen „befüllt“, darf keine Wunder erwarten. Eine neue Modellgeneration bedeutet zunächst Arbeit, die jedoch sehr schnell mit hörbaren Ergebnissen belohnt wird!

Zum Abschluss von Teil 2 stehen folgende Videos zur Verfügung:

Ein Oldie-Klassiker (sehr schönes Beispiel der neuen RevoDrums): Apache von The Shadows

Ganz aktueller deutscher Schlager: Gespenster der Nacht von Fantasy

Ein Beispiel junger, deutscher Musik: Geiles Leben von Glasperlenspiel

Der Partyhit von KLUBBB3: Das Leben tanzt Sirtaki

Ein Klassiker im neuen Gewand: Wahnsinn von Wolfgang Petry

Viel Freude und Inspiration damit und nicht vergessen: Den Youtube-Kanal SchlagerGen abonnieren!

Ihr Yannic Bihl